Wichtige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes [1] |
27.07.20 |
Rechtsprechung zur europäischen Integration (1) Aktualisierte Fassung 2011. |
|
[
Nach oben/Gliederung ]
|
Vorbemerkung
Beachte, dass es sich beim Recht der Europäischen Union um eine kontinentaleuropäische Rechtsordnung und nicht um ein Common Law-System handelt. Gerichtsentscheidungen interpretieren das Recht aber setzen kein Recht und binden die spätere Rechtsprechung nicht. Ein europäisches "Case-law" im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Die Doktrin des "precedent" ("stare decisis") gilt für den Europäischen Gerichtshof nicht. Dies hat Auswirkungen auf den Umgang mit der Rechtsprechung: Der EuGH beruft sich zwar häufig auf frühere Entscheidungen, doch zumeist nur oberflächlich auf einige dogmatische Kernaussagen, nicht auf die Entscheidung als Ganzes und ohne Berücksichtigung des zugrunde liegenden Sachverhaltes. Er arbeitet mit seiner eigenen Rechtsprechung gewöhnlich nicht wie ein Common Law-Gericht mit seinem Case-law. Nicht selten weicht er unter dem Druck der Kritik der Generalanwälte, der Rechtswissenschaft oder anderer Gerichte von seiner früheren Rechtsprechung ab. Für die Wissenschaft ist seine Rechtsauslegung zwar wichtig aber nicht bindend, denn sie kann wie bei jedem Gericht falsch sein. Für den Juristen bedeutet das: Er muss die Rechtsprechung des EuGH kennen, doch der Hinweis auf Entscheidungen des EuGH kann die eigene rechtliche Argumentation nicht ersetzen!
Grundlagen, Umsetzung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts (Unionsrechts) |
|||
Kompetenzordnung, Organisationsrecht, wirtsch. Grundfreiheiten, Grundrechte, Unionsbürgerschaft |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
Van Gend &
Loos |
1963 |
● Eigenständigkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung ● unmittelbare Anwendbarkeit des primären Gemeinschaftsrechts |
Slg. 1963, 1 |
Costa/ENEL |
1964 |
● Vorrang des Gemeinschaftsrechts[2a] -
auch vor späterem nationalen Recht ● "Herausschälen" der Vertragsauslegungsfrage im Vorabentscheidungsverfahren durch den Gerichtshof |
Slg. 1964, 1251 |
Intern.
Handels |
1970 |
● Vorrang des Gemeinschaftsrechts auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht - auch gegenüber nationalen Grundrechten - aber: Schutz der Grundrechte im Gemeinschaftsrecht! |
Slg. 1970, 1125 |
Leberpfennig |
1970 |
● unmittelbare Anwendbarkeit an die Mitgliedstaaten gerichteter Entscheidungen (heute: Beschlüsse, siehe Art. 288 UA 4 AEUV)zugunsten des Bürgers - sofern Entsch. unbedingt und hinreichend bestimmt |
Slg. 1970, 825 |
Ratti |
1979 |
● unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien zgunsten des Bürgers nach Ablauf der Umsetzungsfrist[3] - sofern RL unbedingt und hinreichend bestimmt |
Slg. 1979, 1629 |
Simmenthal II |
1978 |
● Wirkung des Vorranges des Gemeinschaftsrechts -
Anwendungsvorrang: Nichtanwendung der kollidierenden nation.
Rechtsnorm, ohne zuvor deren Beseitigung durch Gesetzgeber,
Verfassungsgericht etc. abzuwarten - problematisch: auch Geltungsvorrang? "Wirksames Zustandekommen neuer staatl. Gesetzgebungsakte insoweit verhindert..."?[4] |
Slg. 1978, 629 |
Dt. Milchkontor |
1983 |
● Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten - Vollzugspflicht aus Art. 5 EWGV (später 10 EGV, heute 4 III EUV) - Vollzug nach Maßgabe des nationalen Rechts; dies darf aber nicht die Tragweite oder Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen ● Grundsätze für die Rückforderung
rechtswidrig gezahlter Gemeinschaftsbeihilfen -
rechtsstaatliche nationale Ausschlussregelungen (wg.
Vertrauensschutz, Wegfall der Bereicherung, Fristen, Kenntnis der Behörde
etc.) grds. anwendbar - Gemeinschaftsinteresse muss aber "voll berücksichtigt" werden |
Slg. 1983, 2633 |
Harz |
1984 |
● Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung[5] |
Slg. 1984, 1921 |
Foto-Frost |
1987 |
● nationale Gerichte dürfen nicht selbst die Ungültigkeit von Handlungen der Gemeinschaftsorgane feststellen - Begründung: Möglichkeit des Vorabentscheidungsverfahrens, Kohärenz des Rechtsschutzsystemes, Einheit des Gemeinschaftsrechts, Rechtssicherheit |
Slg. 1987, 4199 |
Busseni |
1990 |
● Kohärenz der Verträge -
daher einheitl. Auslegung der
Art. 177 EWGV (später 234 EGV, heute 267), 150 EAGV und 41 EGKSV trotz unterschiedl. Wortlauts |
Slg. 1990, I-495 |
Tafelwein |
1990 |
● Pflicht der Mitgliedstaaten zur Durchsetzung des Gemeinschafts-rechts mit Zwangsmaßnahmen - bei unvorhersehbaren Schwierigkeiten Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit mit der Kommission |
Slg. 1990, I-2879 |
Factortame |
1990 |
● Vorläufiger Rechtsschutz zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts - Verpflichtung der staatl. Gerichte zu einstweiligen Anordnungen auch bei entgegenstehenden Vorschriften des nationalen Rechts |
Slg. 1990, I-2433 HV, 38 |
Zuckerfabrik
Sü- derdithmarschen |
1991 |
● Vorläufiger Rechtsschutz auch gegen Vollzug des Gemeinschaftsrechts - staatliche Gerichte dürfen Vollziehung eines auf EG-VO gestützten VA aussetzen - restriktive Voraussetzungen: · erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der VO, · EuGH mit dieser Frage befasst, · Antragsteller droht schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden, · Interesse der Gemeinschaft an der praktischen Wirksamkeit der VO angemessen berücksichtigt |
Slg. 1991, I-415 HV, 220 |
TA-Luft |
1991 |
● keine Richtlinienumsetzung durch normkonkretisierende VV -
Bindungswirkung der Umsetzungsmaßnahme über Verwaltung hinaus
erforderlich -
Begründung: Rechtssicherheit (Gewissheit des Bürgers über seine
Rechte) ● keine Richtlinienumsetzung durch Verwaltungspraxis[6] |
Slg. 1991, I-2567 |
EWR-I |
1991 |
● Unvereinbarkeit einer eigenständigen EWR-Gerichtsbarkeit mit der Autonomie und Funktion des EuGH -
Bindung an Rspr. des (geplanten) EWR-Gerichtshofes hätte die
Gerichtsbarkeit nach Art. 164 EWGV (später 220 EGV, heute 19 I EUV) und damit die
Grundlagen der Gemeinschaft selbst beeinträchtigt ● Regelungen in Gründungsverträgen u. EWRV auch bei gleichem Wortlaut unterschiedlich auszulegen - weil unterschiedl. Vertragsziele u. keine Übertrag. von Hoheitsrechten im EWRV ● EuGH hat zur Fortentwicklung des Gemeinschaftsrechts im Hinblick auf die Verwirklichung der Vertragsziele beizutragen -
ausdrückliches Bekenntnis zur finalen Handhabung des
Gemeinschaftsrechts... ● EWGV als "Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft" - Begründung für "Rechtsgemeinschaft", nicht aber für "Verfassungsurkunde" |
Slg. 1991, I-6079 |
Wärmekraftwerk
Großkrotzenburg |
1995 |
● objektive Wirkung von Richtlinien, die unmissverständlich bestimmte Pflichten auferlegen (hier: zur UVP bei best. Projekten) |
Slg. 1995, I-2189 |
Alcan |
1997 |
● Eingeschränkter
Vertrauensschutz bei unzulässigen
staatlichen Beihilfen -
kein Vertrauensschutz bei Versäumnis des Verfahrens nach Art. 93
EGV
(später 88 EGV - kein Ermessen der staatl. Behörden bei Rückforderungsanordnung der Kommission |
Slg. 1997, I-1591 |
Inter-Environne-ment
Wallonie
|
1997 |
● Vorwirkung von Richtlinien (Frustrationsverbot) - Unzulässigkeit zielgefährdender Maßnahmen schon während der Umsetzungsfrist[7] |
Slg. 1997, I-7411 |
Francovich |
1991 |
● gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der Mitgliedstaaten für die
Nichtumsetzung[8]
von Richtlinien (Grundlagenentscheidung) -
Begründung: aus dem "Wesen der mit dem EWG-Vertrag
geschaffenen Rechtsordnung" - Effet-utile-Argument, Argument der
Gemeinschaftstreue - Haftungsvoraussetzungen: · Verleihung subjektiver Rechte als RL-Ziel, · Bestimmbarkeit dieser Rechte auf der Grundlage der RL, · Kausalität |
Slg. 1991, I-5357 |
Brasserie du
Pê- |
1996 |
● gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung der Mitgliedstaaten für die Verletzung von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht - Rechtfertigung der richterrechtlichen Einführung der Staatshaftung aus der Aufgabe der Sicherung der "Wahrung des Rechts" nach Art. 164 EGV (später 220 EGV, heute 19 I EUV) - Bestimmung der Haftungsvorauss. u.a. analog zu Art. 215 II EGV (später 288 II EGV, heute 340 AEUV) nach allg. Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der MS gemeinsam sind - Haftung nur bei hinreichend qualifiziertem Verstoß (gilt fortan auch für Mängel bei RL-Umsetzung) - Haftung auch für legislatives Unrecht - Verschulden keine Haftungsvoraussetzung - zum Umfang der Entschädigung |
Slg. 1996, I-1029 |
Dillenkofer |
1996 |
● zu den Haftungsvoraussetzungen des hinreichend qualifizierten Verstoßes und der Verleihung subj. Rechte |
Slg. 1996, I-4845 |
Hedley
Lomas |
1996 |
● Haftung auch für gemeinschaftsrechtswidrige Verwaltungspraxis |
Slg. 1996, I-2553 |
Köbler |
2003 |
● Haftung auch für gemeinschaftsrechtswidrige höchstrichterliche Entscheidungen |
Slg. 2003, I-10239 |
Grundlagen, Umsetzung, Durchsetzung, Organisationsrecht, wirtsch. Grundfreiheiten, Grundrechte, Unionsbürgerschaft |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
FÉDÉCHAR |
1956 |
● Grundsatz der implied powers -
"Anwendung einer sowohl im VölkerR. als auch im innerstaatl.
R. allg. anerkannten Auslegungsregel ..., wonach die Vorschriften eines völkerr.
Vertrages oder eines Gesetzes zugleich diejen. Vorschr. beinhalten, bei
deren Fehlen sie sinnlos wären oder nicht in vernünftiger u. zweckmäß.
Weise zu Anwendung gelangen könnten." |
Slg. 1956, 295 |
AETR |
1971 |
● Implizite Verbandskompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge[9] - kann sich auch aus Sekundärrechtsakten ergeben ● Qualifizierung eines Beschlusses der Ministerrunde als Beschluss des Rates oder der (im Rat vereinigten) Vertreter der MS entsprechend der Zuständigkeitsverteilung |
Slg. 1971, 263 |
Allgemeines Präferenzsystem I |
1987 |
● Wahl der Rechtsgrundlage auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände zu gründen[10] ● Rückgriff auf Art. 235 EWGV (später 308 EGV, heute 352 AEUV) nur subsidiär |
Slg. 1987, 1493 |
Einwanderungspolitik |
1987 |
(Beispiel für finale Handhabung des Gemeinschaftsrechts) |
Slg. 1987, 3203 |
Produktsicherheits- |
1994 |
● Rechtsangleichung im Binnenmarkt nach Art. 100a I EWGV (später 95 I EGV, heute 114 I AEUV) umfasst auch Regelungen über Maßnahmen hinsichtl. bestimmter Produkte oder Produktkategorien und ggf. auch über Einzelmaßnahmen hinsichtl. dieser Produkte |
Slg. 1994, I-3681 |
EMRK-Beitritt |
1996 |
● Keine Gemeinschaftskompetenz zum Beitritt zur EMRK - auch nicht aus Art. 235 EGV (später 308 EGV, heute 352 AEUV) - Begründung: Einbindung in das völkerr. institut. System der EMRK hätte grundlegende institut. Auswirkungen und wäre "von verfassungsrechtlicher Dimension". |
Slg. 1996, I-1763 |
Flughafentransit |
1998 |
● Maßnahmen der "dritten Säule" dürfen nicht in Zuständigkeiten der Gemeinschaft übergreifen - insofern Überprüfung durch den EuGH gem. Art. L (später 46) EUV |
Slg. 1998, I-2763 |
Tabakwerbung |
2000 |
● Keine Gemeinschaftskompetenz für generelles Verbot der Tabakwerbung - Grenzen der Kompetenz zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt nach Art. 100a EGV (später 95 EGV, heute 114 AEUV) (einer der ersten Fälle einer strengen Kompetenzkontrolle; beachte indessen die Rückkehr zu einer "großzügigen" Kompetenzkontrolle in der Entscheidung Tabakwerbung II) |
Slg. 2000, I-8419 |
Grundlagen, Umsetzung, Durchsetzung, Kompetenzordnung, wirtsch. Grundfreiheiten, Grundrechte, Unionsbürgerschaft |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
Roquette Frères / Isoglucose |
1980 |
● Anhörung des Europ. Parlamentes wesentliches Formerfordernis - "für das vom Vertrag gewollte institutionelle Gleichgewicht wesentlich" - "spiegelt ... grundlegendes demokratisches Prinzip wider, nach dem die Völker durch eine Versammlung ihrer Vertreter an der Ausübung der hoheitlichen Gewalt beteiligt sind" ● Anhörung erst mit der Stellungnahme des EP durchgeführt |
Slg. 1980, 3333 |
Les Verts |
1986 |
● Passivlegitimation des EP in der Nichtigkeitsklage (zum alten Art. 173)[11] -
Begründung: EWG als Rechtsgemeinschaft, in der weder MS
noch Gemeinschaftsorgane der richterlichen Kontrolle entzogen sind ● EWGV als Verfassungsurkunde der Gemeinschaft |
Slg. 1986, 1339 |
Tschernobyl I |
1990 |
● Aktivlegitimation des EP in der Nichtigkeitsklage (zum
alten Art. 173)[12] - Begründung: Wahrung des institutionellen Gleichgewichts - sonstige Rechtsbehelfe sind unzureichend - beachte: in Rdnr. 26 f. nicht mehr rechtliche Argumentation, sondern rechtspolitisch begründetes Hinwegsetzen über das (damals) geltende Recht! |
Slg. 1990, I-2041 |
Allgemeines
Prä |
1995 |
● Pflicht der Organe zur loyalen Zusammenarbeit[13] - beachte Parallele zum Grundsatz der Organtreue im Staatsrecht - bei Verletzung durch EP im Anhörungsverfahren muss Rat Stellungnahme des EP nicht abwarten |
Slg. 1995, I-643 |
Grundlagen, Umsetzung, Durchsetzung, Kompetenzordnung, Organisationsrecht, Grundrechte, Unionsbürgerschaft |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
Diamantarbeiders |
1969 |
● weiter Begriff der Abgabe mit gleicher Wirkung wie Zölle in Art. 12 EWGV (später 25 EGV, heute 30 AEUV) - Jede auch noch so geringe den in- oder ausländ. Waren wegen ihres Überschreitens der Grenze einseitig auferlegte finanzielle Belastung, auch wenn sie kein Zoll im eigentl. Sinne ist, unabhängig von ihrer Bezeichnung und der Art ihrer Erhebung, und zwar auch dann, wenn sie nicht zugunsten des Staates erhoben wird und keine diskriminierende oder protektionistische Wirkung hat und die belastete Ware nicht mit inländ. Erzeugnissen im Wettbewerb steht |
Slg. 1969, 211 |
Dassonville |
1974 |
● weiter Begriff der Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen in Art. 30 EWGV (später 28 EGV, heute 34 AEUV)[14] -
"Jede Handelsregelung der MS, die geeignet ist, den
innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich
oder potentiell zu behindern" |
Slg. 1974, 837 |
van Binsbergen |
1974 |
● weiter Begriff der Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit: auch unterschiedslose (nicht-diskriminierende) Beschränkungen - alle "Anforderungen, die ... geeignet sind, die Tätigkeit des Leistenden zu unterbinden oder zu behindern" [15] - Anforderungen, die sich aus (unterschiedslos geltenden) Berufsregelungen ergeben, könnn jedoch im Allgemeininteresse gerechtfertigt sein |
Slg. 1974, 1299 |
Walrave u. Koch |
1974 |
● Drittwirkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber kollektiven Regelungen Privater im Arbeits- und Dienstleistungsbereich |
Slg. 1974, 1405 |
Cassis de Dijon |
1978 |
● Verkehrsfähigkeitsregelungen als Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßíge Einfuhrbeschränkungen i.S.d. Art. 30 EWGV (heute 34 AEUV)[16] - also auch auf Regelungen, die Inlands- und Importwaren unterschiedslos betreffen; dadurch de facto Einführung des Herkunftsstaatsprinzips - Ausnahme: wenn durch "zwingende Erfordernisse" gerechtfertigt (Þ immanente Schranken - Verhältnismäßigkeit) |
Slg. 1978, 649 |
Buy
Irish |
1982 |
● Unzulässigkeit der staatl.
Organisation oder Unterstützung von Werbe- |
Slg. 1982, 4005 |
Irisches
Abtreibungs- |
1991 |
● nach dem nationalen Recht zulässiger
ärztlicher Schwangerschafts- ● Informationen von Studentenvereinigungen über Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs in anderen Mitgliedstaaten nicht nach Art. 59 EWGV (später 49 EGV, heute 56 AEUV) geschützt (nur Wahrnehmung der Meinungsfreiheit)[17] |
Slg. 1991, I-4685 |
Abfallverkehr |
1992 |
● auch Abfälle fallen unter Art. 30 EWGV (heute 34 AEUV) - auch nicht wiederverwertbare Abfälle ● Einfuhrbeschränkungen rechtfertigen sich jedoch aus zwingenden Erfordernissen des Umweltschutzes - u.a. Hinweis auf umweltrechtliches Ursprungsprinzip nach Art. 130r II EWGV (später 174 II EGV, heute 191 II AEUV) |
Slg. 1992, I-4431 |
Keck |
1993 |
● Einschränkung der Dassonville-Formel: erfasst nicht Regelungen von Verkaufsmodalitäten - Unterscheidung zwischen produkt- und vertriebsbezogenen Regelungen: allgemeine Regelungen der Verkaufsmodalitäten, welche den Absatz inländischer und ausländischer Erzeugnisse gleichermaßen berühren, sind keine Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengemäßige Einfuhrbeschränkungen -
dies gilt z.B. für Regelungen der
Ladenschlusszeiten, EuGH, Verb. Rs. C-69/93 u.
C-258/93 (1994) - Abgrenzung im Einzelnen schwierig und umstritten; entscheidend ist die faktische Erschwerung des Marktzuganges (zum Markt der Endverbraucher, siehe EuGH, Rs. C-322/01, Doc Morris) |
Slg. 1993, I-6097
|
Gebhard |
1995 |
● Niederlassungsfreiheit als allgemeines Beschränkungsverbot: auch Maßnahmen, welche ihre Ausübung "behindern oder weniger attraktiv machen können", stellen rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigungen dieser Freiheit dar ● Solche Beeinträchtigungen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie ● in nichtdiskriminierender Weise anwendbar sind, ● aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertig und ● verhältnismäßig (geeignet und erforderlich) sind (so genannte Gebhard-Formel)[18] |
Slg. 1995, I-4165 |
Bosman |
1995 |
● Arbeitnehmerfreizügigkeit von Berufsfußballspielern - weiter Begriff der Beeinträchtigung der ANFr nach Art. 48 EWGV (später 39 EGV, heute 45 AEUV): auch Beschränkungen[19] - unmittelbare Drittwirkung des Art. 48 EWGV (heute 45 AEUV): gilt auch für die Regelungen der Sportverbände für Berufsfußballspieler - unzulässige Beeinträchtigung der Freizügigkeit durch die
Transferregeln sowie die Ausländerklausel für Meisterschaftsspiele |
Slg. 1995, I-4921 |
Französische Agrarblockaden |
1997 |
● Pflicht der Mitgliedstaaten zum Einschreiten gegen Einfuhrblockaden aus Art. 30 i.V.m. 5 EGV (heute 34 AEUV i.V.m. 4 III EUV)[20] -
dogmatisch eine Schutzpflicht der MS zur Durchsetzung der
Grundfreiheiten -
MS muss alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die effektive
Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, sofern er nicht
nachweist, dass sein Tätigwerden Folgen für die öff. Ordnung hätte,
die er mit seinen Mitteln nicht bewältigen könnte (!) -
Angebot einer Entschädigung kann Vertragsverletzung nicht
beseitigen |
Slg. 1997, I-6959 |
Centros |
1999 |
● Niederlassungsfreiheit schützt auch die Errichtung einer Zweigniederlassung durch eine Gesellschaft, die allein zur Umgehung des nationalen Rechts in einem anderen MS gegründet worden ist, dort keine Geschäftstätigkeit entfaltet und nun ihre gesamte Geschäftstätigkeit im Staat der Zweigniederlassung ausüben will - grenzüberschreitender Bezug bejaht, Missbrauch der NLF verneint - Gläubiger sind hinreichend dadurch geschützt, dass Gesellschaft im Geschäftsverkehr als Gesellschaft des ausländischen Rechts auftritt, EuGH Rs. C-167/01, Inspire Art |
Slg. 1999, I-1459 |
Angonese |
2000 |
● unmittelbare Drittwirkung des Verbots der Diskriminierung von Arbeitnehmern aufgrund der Staatsangehörigkeit (Art. 39 II EGV, heute 45 II AEUV) gegenüber Arbeitgebern - nach Wortlaut der Entscheidung sogar allgemein gegenüber "Privatpersonen" - mittelbare Diskriminierungen können durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein - SKEPSIS IN DER LITERATUR: Gefahr der Aushöhlung der grundrechtlich gewährleisteten Privatautonomie |
Slg.
2000, I-4139 |
Schmidberger |
2003 |
● Grundrechte als immanente Schranken der wirtschaftlichen Grundfreiheiten - Interessen sind unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles abzuwägen, um das rechte Gleichgewicht zu wahren - beachte: dogmatisch beschränken sich die Ausführungen des EuGH auf die Formulierung einer Selbstverständlichkeit, die in jeder Rechtsordnung, die auf dem Grundwert der Achtung der Menschenrechte aufbaut, gelten muss! |
Slg. 2003, I-5659 |
Omega (Laserdrome) |
2004 |
● Menschenwürde als Schranke der wirtschaftlichen Grundfreiheiten - kann als Grundrecht und wichtiges Element der öffentlichen Ordnung auch das Verbot bestimmter Dienstleistungen rechtfertigen (hier: der Veranstaltung von Tötungssimulationsspielen mit Laserpistolen) - dabei Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten mit Blick auf den Schutz des Rechtsguts in ihrer Verfassung |
Slg. 2004, I-9609 |
Laval |
2007 |
● unmittelbare Bindung der Gewerkschaften bei kollektiven Maßnahmen an die Dienstleistungsfreiheit21] - damit wird die Ausübung wesentlicher gewerkschaftlicher Grundrechte gegenüber ausländischen Dienstleistungserbringern rechtfertigungsbedürftig (!) |
|
Grundlagen, Umsetzung, Durchsetzung, Kompetenzordnung, Organisationsrecht, wirtsch. Grundfreiheiten, Unionsbürgerschaft |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
Stauder |
1969 |
● Grundrechte als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts[22] |
Slg. 1969, 419 |
Nold |
1974 |
● gemeinsame Verfassungsüberlieferungen der MS als Ausgangspunkt der eigenen Grundrechts-Rechtsprechung -
dabei Hinweisfunktion völkerrechtlicher Menschenrechtsabkommen, an
denen die MS beteiligt sind ● Grundrechte unter Vorbehalt von Einschränkungen im öffentlichen Interesse (insbes. zugunsten der Ziele der Gemeinschaften) |
Slg. 1974, 491 |
Hauer |
1979 |
● gemeinsame Verfassungsüberlieferungen der MS und EMRK als Ausgangspunkt der eigenen GR-Rechtsprechung ● Eigentumsrecht u. Recht auf freie Berufsausübung als Grundrechte[23] - Einschränkungsmöglichkeiten im Hinblick auf soziale Funktion (rechtsvergleichende Schranken-Argumentation) - Eingriffsschranke der Verhältnismäßigkeit, absoluter Schutz des Wesensgehaltes |
Slg. 1979, 3727 |
Hoechst |
1989 |
● Durchsuchungsbefugnisse der Kommission im Wettbewerbsrecht - aufgrund spezieller Rechtsgrundlagen (im Sekundärrecht); Pflicht der staatl. Behörden zur Unterstützung
-
Kommission muss nationale Verfahrensgarantien beachten. Staatl.
Gerichte dürfen aber nur die beabsicht. Zwangsmaßnahmen, nicht die
Nachprüfungsentscheidung selbst überprüfen ● grundrechtskonforme Auslegung des Gemeinschaftsrechts ● Recht auf effektiven Rechtsschutz
gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt; Grundsatz der Gesetzmäßigkeit
der Verwaltung ● Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (anders als nach Art. 13 GG in der Auslegung des BVerfG) nur für Privatwohnungen, nicht aber für Geschäftsräume von Unternehmen[24] |
Slg. 1989, 2859 |
Bananenmarkt- |
1994 |
● Weitestgehende Einschränkbarkeit der Berufsausübungsfreiheit - vielkritisiertes Beispiel für die "großzügige" Prüfung der Schranken-Schranken und die dadurch bedingte geringe effektive Wirkung der Grundrechte in der Rechtsprechung des EuGH - einseitige Betonung des "weiten Ermessens" des Gemeinschaftsgesetzgebers bei Grundrechtseingriffen - Rechtswidrigkeit des Grundrechtseingriffs erst, wenn Maßnahme "offensichtlich ungeeignet" |
Slg. 1994, I-4973 |
Biopatent- |
2001 |
● Menschenwürde als Grundrecht[25] - beachte: die englische Sprachfassung lässt keine Zweifel, dass es sich nach dem Verständnis des EuGH nicht nur um einen objektiv-rechtlichen Grundsatz sondern auch um ein Grundrecht (subjektives Recht) handelt; siehe jetzt auch EuGH, Rs. C 36/02, Omega (Laserdrome) - Ansätze zu einer Dogmatik der Menschenwürde werden nicht geliefert (insbes. bleibt offen, ob die Menschenwürde einschränkbar ist) |
Slg. 2001, I-7079 |
Carpenter |
2002 |
● Der Heimatstaat eines in anderen MS tätigen Dienstleistungserbringers darf dem Ehegatten aus einem Nichtmitgliedstaat im Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens nicht den Aufenthalt verwehren; Art. 49 EGV (heute 56 AEUV) ist entsprechend im Lichte dieses Grundrechts auszulegen - Folge: die Ausweisung des Ehegatten verletzt den Dienstleistungs-erbringer (der sich dann selbst um seine Kinder kümmern muss...) in seiner Dienstleistungsfreiheit (!) - problematisch: dadurch Bindung der MS an EU-Grundrechte auch außerhalb der Umsetzung und Ausführung des Gemeinschaftsrechts |
Slg. 2002, I-6279 |
Baumbast |
2002 |
● Unmittelbare Anwendbarkeit des Allgemeinen Freizügigkeitsrechts (Art. 18 EGV, heute 21 AEUV) - sekundärrechtliche Beschränkungen und Bedingungen im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, anzuwenden |
Slg. 2002, I-7091 |
Mangold |
2005 |
● Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts - daher schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist für RL 2000/78/EG zu beachten[26] - diese umstr. Entscheidung provozierte den Aufruf von Herzog/Gerken, "Stoppt den Europäischen Gerichtshof" [27], wurde aber später vom BVerfG als unbedenklich gewertet [27a] |
Slg. 2005, I-9981 |
Kadi/Ald Barakaat |
2008 |
● Grundrechtsprüfung auch bei Rechtsakten, die Beschlüsse des Sanktionsausschusses des UN Sicherheitsrates zur Terrorismus-bekämpfung umsetzen, welche dem Rat keinen Umsetzungsspielraum lassen ● Bekräftigung des bisherigen Grundrechtsschutzes unter expliziter und effektiver Prüfung des Rechts auf Achtung des Eigentums, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Rechts auf effektive gerichtliche Kontrolle |
Slg. 2008, I-6351 |
Grundlagen, Umsetzung, Durchsetzung, Kompetenzordnung, Organisationsrecht, wirtsch. Grundfreiheiten, Grundrechte |
|||
Bezeichnung |
Jahr |
wesentliche Inhalte |
Fundstelle |
Baumbast |
2002 |
● Unmittelbare Anwendbarkeit des Allgemeinen Freizügigkeitsrechts (Art. 18 EGV, heute 21 AEUV) ● sekundärrechtliche Beschränkungen und Bedingungen im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, anzuwenden |
Slg. 2002, I-7091 |
Zhu und Chen |
2004 |
● Allgemeines Freizügigkeitsrecht minderjähriger Unionsbürger, die im Aufnahmestaat geboren und deren Eltern keine Unionsbürger sind - hier: Aufenthaltsrecht des Kindes einer Chinesin, das durch Geburt in Belfast (GB) die irische (!) Staatsangehörigkeit erlangt hat, im Vereinigten Königreich - Berufung auf Freizügigkeitsrecht nicht von Umzug in anderen MS abhängig - Berufung auf Freizügigkeitsrecht nicht vom Alter abhängig - Berufung eines Kindes auf Freizügigkeitsrecht nicht von eigenen Existenzmitteln abhängig, wenn unterhaltsgewährender Elternteil für Krankenversicherung und ausreichende Existenzmittel sorgt (zu Art. 1 I RL 90/364) ● Aufenthaltsrecht des begleitenden unterhaltsgewährenden Elternteils - da sonst Aufenthaltsrecht des Kindes seine praktische Wirksamkeit verlöre - Aufenthaltsrecht bereits aus Art. 18 EGV (heute 21 AEUV) |
[2004] ECR I-9925 |
[ Seitenanfang
]
[1] In den meisten Fällen aus einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV (früher 234 EGV und 177 EWGV).
[2] Entscheidungssammlung Hummer/Vedder, Europarecht in Fällen, 4. Aufl. 2005. Siehe auch die Entscheidungssammlung Pechstein, Entscheidungen des EuGH. Kommentierte Studienauswahl, 5. Aufl. 2009; in englischer Sprache: Weatherill, Cases and Materials on EU Law, 8. Aufl. 2007; in französischer Sprache: Rambaud, Les grandes décisions de la jurisprudence communautaire, 3. Aufl. 2007.
[2a] Der Vorrang auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht bildet seit dieser Entscheidung und ihrer Akzeptanz durch die damaligen Mitgliedstaaten einen zentralen Bestandteil des acquis communautaire. Umstritten sind lediglich seine Grenzen (nach herrschender Meinung die Identität [= der Kern] der nationalen Verfassung). Alle später beigetretenen Mitgliedstaaten haben ihn im Beitrittsvertrag als rechtliche Rahmenbedingung ihrer Mitgliedschaft anerkannt. Dennoch wird er heute in der Verfassungsrechtsprechung in Griechenland, Spanien, Polen und Litauen in Frage gestellt (siehe Schema 2).
[3] Vgl. vorher schon EuGH, Rs. 41/74, van Duyn, Slg. 1974, 1337. Beachte: keine unmittelbare Anwendbarkeit zulasten des Bürgers (horizontale Drittwirkung), EuGH, Rs.152/84, Marshall I, Slg. 1986, 723 (= HV, 21 ff.); EuGH, Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325 (= HV, 24 ff.); wohl aber weiter Begriff des "Staates" (der öff. Hand), gegenüber dem (der) Richtlinien geltend gemacht werden können: auch Einrichtungen, die kraft staatl. Rechtsaktes unter staatl. Aufsicht Dienstleistungen im öff. Interesse erbringen, EuGH, Rs. C-188/89, Foster, Slg. 1990, I-3313. Die unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien ist im Übrigen für die einzelnen Richtlinienbestimmungen getrennt zu beurteilen, EuGH, Rs. 8/81, Becker, Slg. 1982, 53.
[4] Beachte aber die Klarstellung in EuGH, Verb. Rs. C-10/97 - C-22/92, IN.CO.GE.'90 u.a., Slg. 1998, I-6307: nur Anwendungsvorrang.
[5]
Vgl. auch EuGH, Rs. 14/83, von Colson u.
Kamann, Slg. 1984, 1891 (vom selben
Tage) sowie EuGH, Rs. C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135
(= HV, 29, 174).
[6] Vgl. insofern bereits EuGH, Rs. 102/79, EWG-Betriebserlaubnis für Kfz., Slg. 1980, 1473 von 1980.
[7] Siehe auch EuGH, Rs. C-422/05, Flughafenlärm, Slg. 2007, I-4749.
[8]
Zur Staatshaftung wegen fehlerhafter Richtlinienumsetzung siehe EuGH,
Rs. C-392/93, British
Telecommunications, Slg. 1996, I-1631.
[9] Bekräftigt in EuGH, Verb.Rs. 3,4,6/76, Kramer, Slg. 1976, 1279 (= HV, 383). Die völkerrechtlichen Verträge können auch die Schaffung völkerrechtlicher Institutionen zum Gegenstand haben, EuGH, Gutachten 1/76, Stillegungsfonds für die Binnenschiffahrt, Slg. 1977, 741 (= HV, 427).
[10] Bekräftigt in EuGH, Rs. C-300/89, Titandioxid, Slg. 1991, I-2867.
[11] Beachte die spätere ausdrückliche Regelung in Art. 230 UA 1 EGV, heute 263 UA 1 AEUV.
[12] Beachte die spätere ausdrückliche Regelung in Art. 230 UA 2 EGV, heute 263 UA 2 AEUV.
[13] Vgl. vorher schon EuGH, Rs. 204/86, Griechenland/Rat, Slg. 1988, 5323.
[14] Beachte die Einschränkung in der Entscheidung Keck von 1993 (s.u.).
[15] Insbesondere Erlaubnisvorbehalte, welche berufliche Qualifikationen fordern, EuGH, Rs. C-76/90, Säger, Slg. 1991, I-4239.
[16] Bekräftigt in EuGH, Rs. 178/84, Reinheitsgebot für Bier, Slg. 1987, 1227 (= HV, 489). Die Beschränkung der Bezeichnung "Bier" auf Produkte, die dem traditionellen deutschen Reinheitsgebot entsprachen, rechtfertigte sich nicht durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes, weil dafür Kennzeichnungsregelungen ausreichten. Das absolute Verkehrsverbot für Biere mit Zusatzstoffen rechtfertigte sich, da unverhältnismäßig, auch nicht nach Art. 36 EWGV (später 30 EGV, heute 36 AEUV).
[17] Beachte: Da nationale Beschränkungen damit nicht mehr in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, kommt Rechtsschutz nur vor dem EGMR in Betracht. Dieser hat in dem parallelen Fall Open Door and Dublin Well Woman v. Ireland eine Verletzung von Art. 10 EMRK angenommen (EGMR, Urt. v. 29.10.1992, NJW 1993, 773).
[18] Diese Formel fasst allgemein für alle Grundfreiheiten die Voraussetzungen für die Rechtfertigung von mittelbaren Diskriminierungen und (diskriminierungsfreien) Beschränkungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zusammen.
[19] Beachte jedoch die korrigierende Einschränkung in EuGH, Rs. C-190/98, Graf, Slg. 2000, I-493: Auswirkung darf weder zu ungewiss noch zu indirekt sein, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu beeinflussen.
[20] Siehe jetzt auch EuGH, Rs. C-112/00, Schmidberger, Slg. 2003, I-05659 (= HV, 527).
[21] Siehe ebenso EuGH, Rs. C-438/05, Viking.
[22] Beachte, dass nach der Entscheidung Intern. Handelsgesellschaft von 1970 (s.o.) der Grundrechtsschutz in den Gemeinschaften nur auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts und nicht durch die unanwendbaren Grundrechte der nationalen Rechtsordnungen bewirkt werden kann.
[23] Aufstellungen der einzelnen bislang vom EuGH herausgearbeiteten Grundrechte finden sich bei Hummer/Simma/Vedder, Europarecht in Fällen, 3. Aufl. 1999, S. 436 ff.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 6 EUV Rdnr. 93 ff.
[24] Anders jetzt EuGH, Rs. C-94/00, Roquette Frères, Slg. 2002, I-9011, Nr. 29 (= HV, 313), in Anlehnung an EGMR, Urt. v. 16.04.2002, Stés Colas Est u. a. v. Frankreich.
[25] Siehe dazu Rau/Schorkopf, NJW 2002, 2448; Gebauer/Frahm, EuR 2002, 78.
[26] Siehe jetzt aber EuGH, Rs. C-427/06, Bartsch: kein generell zu beachtendes Verbot, das auch dann gelten würde, wenn ein innerstaatlicher Fall keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist.
[27] Herzog/Gerken, Stoppt den Europäischen Gerichtshof, FAZ vom 08.09.2008, S. 8 = Stop the European Court of Justice, EU Observer vom 10.09.2008.
[27a] Siehe BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010, 2 BvR 2661/06 (Honeywell) mit abweichender Meinung des Richters Landau.
[ Seitenanfang
]