Fall 1: Maria Juana (Sachverhalt)

28.06.12

Aus:  Übungen im Öffentlichen Recht für Anfänger  WS 2000/01 (aktualisiert SS 2012)

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Maria Juana ist eine engagierte Anti-Alkoholikerin. Als eines Abends die Studenten-WG in der Wohnung unter ihr ein großes "Schluckspecht-Fest" feiert, in dessen Verlauf sich die Wohnung in einen unglaublich leistungsfähigen Emittenten von Lärm, Flüchen und Beschimpfungen der Nachbarn verwandelt, ruft Maria Juana die Polizei. Die kommt dann auch, wundert sich allerdings bei der Messung der Schall-Werte in Maria Juanas Wohnung über den dort vorhandenen Zigarettenrauch, der einen eigentümlichen, der Polizei durchaus nicht unbekannten Geruch verströmt. Ein genauerer Blick in die auf dem Tisch stehende Gewürzdose verrät dann auch, dass es sich bei deren Inhalt nicht wirklich um "Herbes de Provence", sondern vielmehr um das anderen Zwecken dienende Kraut der C.-Pflanze handelt. - Für Maria Juana endet diese Episode damit, dass sie wegen unerlaubten Erwerbes und Besitzes von Betäubungsmitteln nach § 29 I Nr. 1 und 3 BtMG zu einer Geldstrafe verurteilt wird.

Maria Juana ist davon überzeugt, dass das Srafurteil nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, denn im Gegensatz zu ihr waren weder die Veranstalter noch die Teilnehmer an dem besagten "Schluckspecht-Fest" einer Bestrafung zugeführt worden. Dabei hatten einige von ihnen BAK-Werte verwirklicht, die das "Schluckspecht-Fest" fortan zu einem festen Begriff für alle Mediziner machten.

Maria Juana sieht in dem Strafurteil außerdem einen verfassungswidrigen Eingriff in ihre Freiheit. Das im Vergleich zu anderen Drogen eher harmlose C.-Kraut sei ohnehin schon aus verfassungsrechtlichen Gründen zu legalisieren. Zumindest aber dürfe das Gesetz nicht den Erwerb und Besitz kleinster Mengen zum Eigenkonsum unter Strafe stellen. Um einen solchen Fall hatte es sich hier gehandelt: In der Gewürzdose hatte sich nur eine geringe Menge des Krautes befunden, die ausschließlich für ihre Besitzerin zum Genuss an gemütlichen Abenden in der Advents- und Weihnachtszeit gedacht war. - Das Strafgericht hatte schließlich auch nicht von der durch § 29 V BtMG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, im Einzelfall von einer Bestrafung abzusehen. In der Urteilsbegründung heißt es dazu, der Gesetzeszweck, den Bürger vor den gefährlichen Drogen zu bewahren, erfordere es grundsätzlich auch in solchen Fällen, zwecks allgemeiner Abschreckung hart durchzugreifen. Maria Juana hingegen ist der Ansicht, das Gericht hätte hier im Interesse ihrer Freiheit § 29 V BtMG zu ihren Gunsten anwenden müssen.

Maria Juana begibt sich zu ihrer besten Freundin Mary Jane, einer Jurastudentin. Sie habe da in den Nachrichten etwas von einem "Gang nach Karlsruhe" gehört und möchte wissen, ob ihr nicht dieses Bundesverfassungsgericht weiterhelfen könne. Was wird ihr Mary Jane - richtigerweise - antworten?

§ 29 I Nr. 1 und 3 BtMG lauten:

"(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. Betäubungsmittel unerlaubt ... erwirbt ...
3. Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein..."

§ 29 V BtMG lautet:

" Das Gericht kann von einer Bestrafung ... absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge ... erwirbt ... oder besitzt."

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